In Zeiten der Digitalisierung, in denen die Konkurrenz nicht weit entfernt ist, gewinnt schnelles, agiles Framework an Bedeutung und löst dadurch steifes bzw. klassisches Projektmanagement ab. Dadurch erhoffen sich Unternehmen einerseits eine schnellere Markteinführung von neuen Produkten und andererseits eine wesentlich zeitsparendere und flexiblere Abwicklung von Projekten. Nicht nur in der Software Entwicklung finden agile Projektmanagement-Methoden mittlerweile Anklang.
Eine der bekanntesten agilen Methoden ist Scrum. Dort steht der Kunde mit seinen individuellen Bedürfnissen und Anforderungen im Mittelpunkt und wird nach jeder Phase (= Sprint) mit etwaigen Neuerungen vertraut gemacht, um anschließend neues Feedback einzuholen. Dadurch haben Kunden bzw. Auftraggeber die Möglichkeit, auch noch nach der Zieldefinition weitere Änderungswünsche anzumerken, die der Product Owner priorisiert und dem Team in die "Backlog-Kategorie" zuweist [1]. Diese Sprint- und Feedback-Schleifen wiederholen sich so lange bis jegliche und als relevant erachteten Features integriert wurden und ein endgültiges Produkt bzw. Service zur Verfügung steht. Dabei müssen nicht relevante Features nach Rücksprache mit dem Product Owners nicht umgesetzt werden.
Doch wodurch unterscheidet sich Scrum von klassischem Projektmanagement?
Um das zu erklären, sehen wir uns einmal die Vorgehensweise im klassischen Projektmanagement an. Am Beginn eines Projektes steht die Planung, in der ein Projektumfang (=Scope) definiert und in kleinere Arbeitspakete unterteilt wird. Eine Auflistung der Arbeitspakete inkl. der Angabe der verantwortlichen Personen wird im Projektstrukturplan (=Work-Breakdown-Structure) festgelegt. Der Projektablaufplan visualisiert die Aufgaben mithilfe einer zeitlichen Schiene und zeigt die jeweiligen Abhängigkeiten auf. Das Controlling beschränkt sich während des gesamten Projektes auf die zeitgerechte, budgetierte und ressourcenoptimierte Lieferung des zuvor definierten Ergebnisses. Bei dieser Beschreibung erkennt man relativ schnell die fehlende Flexibilität eines solchen Projektablaufs, da bis zum Projektende an der Planung aus der Startphase festgehalten wird. Unabhängig von Veränderungen im Umfeld oder geschäftlichen Anforderungen wird das Projekt mit einer „management-as-planned“ Philosophie durchgeführt. Warum das so ist? Weil sich der Projektleiter am Projektmanagement-Dreieck (Leistung, Kosten, Zeit) orientiert und sich auch daran misst. Eine mögliche Abweichung – auch wenn sie Vorteile für das Projekt hätte – wird deswegen meist vermieden [2].
Im Gegensatz dazu veranschaulicht die Scrum-Methode in "Daily Standups" und "Sprint Reviews" mögliche Veränderungen und Risiken und macht diese für das gesamte Team transparent. Dadurch kann auf mögliche Problemstellungen frühzeitig reagiert und diese korrigiert werden. Die "Sprint Retrospective" ist ähnlich wie das "Daily Standup" eine Besprechung, in der die Sprints noch ein weiteres Mal reflektiert werden. Ziel ist es, Prozesse anzupassen und die Meinung der Teilnehmer einzuholen. Mögliche Leitfragen sind etwa: Was hat im Sprint gut funktioniert? Was lief nicht optimal? Dadurch haben Mitarbeiter die Chance, sich eigenständig Gedanken über Verbesserungspotenzial zu machen. Im Zuge dieses Continuous Improvement bzw. Continuous Learning Process der Teammitglieder verbessert sich Scrum iterativ (siehe Abb. 1).
Abbildung 1: Scrum Lifecycle
Ein wichtiger Bestandteil dieser Strategie ist die Rollenverteilung und das Verantwortungsbewusstsein des Teams. Denn Scrum kann nur dann das volle Potenzial ausschöpfen, wenn sich das Team an feste Strukturen und Abläufe hält, eine freiwillige Verpflichtung der Ausführenden zum Sprint-/Projektziel besteht und sich alle an die wenigen Regeln (z.B. das Daily Standup) halten. Im ersten Moment mag das für einige Mitarbeiter autoritär klingen, doch es ist die einzige Möglichkeit, neue Wege einzuschlagen und alteingesessene Prozesse zu optimieren. Wird Scrum im Unternehmen eingeführt, empfiehlt sich der Einsatz eines neutralen externen Beraters als Mentor (=Scrum Master), der das Team hinsichtlich Methoden informiert und einschult. Denn ein Verständnis über die Rollenaufteilung und konsequente Einhaltung der Scrum-Rollen ist essentiell [3].
Warum fördert Scrum Innovation im Unternehmen?
Die Herausforderungen eines Innovationsprojekts liegen oft in der eingeschränkten Planbarkeit und hohen Unsicherheit. Genau hier liegt der Vorteil von Scrum: Aktivitäten werden bis zum nächsten Sprint geplant, Kunden und ihre Bedürfnisse bereits in der Entwicklungsphase berücksichtigt und Unsicherheiten durch regelmäßige Reviews ausgeräumt. Agilität bietet zahlreiche Vorteile und trägt so zum Innovationserfolg bei. Dazu zählen etwa [4]:
Transparenz durch regelmäßige Abstimmung und Veranschaulichung des Projekts
Enger Informationsaustausch
Selber Wissensstand ermöglicht Übernahme von Aufgaben
Fokus auf die Arbeitsweisen und ihre ständige Verbesserung
Kundenfokus und Einbezug der Kunden in Projekte
Mitarbeiterzufriedenheit durch aufgeweichte Hierarchien
Agilität bietet mit dem "Continuous Improvement Cycle" einen Framework, das Selbstreflexion und Optimierungen ermöglicht.
Wichtig ist jedoch anzumerken, dass Scrum zwar viele Vorteile bietet, aber nicht nach dem Schema F funktioniert, sondern für jedes Einsatzgebiet und Unternehmen individualisiert werden muss. Beispielsweise sind bei der Produktentwicklung von Hardware andere Rahmenbedingungen erforderlich als bei einer Softwareentwicklung. Schließlich beeinflusst die Innovationsstrategie auch die Anwendung.
Fazit:
Durch agile Methoden lassen sich mögliche Problemstellungen und Herausforderungen im Innovationsmanagement beseitigen. Zusätzlich kann Scrum die Mitarbeiterzufriedenheit durch Einbindung der Mitarbeiter in Entscheidungen, Transparenz und Eigenverantwortung immens stärken. Unabhängig davon ist es wichtig, die Methoden individuell auf die Gegebenheiten im Unternehmen bzw. in der Abteilung anzupassen. Ein externer Berater, der als Scrum-Master auftritt, kann die Implementierung von Scrum entscheidend vereinfachen. Schlussendlich sollte sich das Management mit der Vorgehensweise und den Vorteilen agiler Methoden beschäftigen und diese nicht unterschätzen, da sie großes Potenzial bieten.
Literaturverzeichnis
[1]: Sutherland, Jeff (2015): Die Scrum-Revolution: Management mit der bahnbrechenden Methode der erfolgreichsten Unternehmen. Frankfurt, New York: Campus Verlag.
[2]: Shenhar, Aaron J./Dvir, Dov (2007): Reinventing Project Management. The Diamond Approach to Successful Growth and Innovation. Boston, Mass: Harvard Business School Press.
[3]: Horstkotte, Jo/Kastner, Angelika/Leipf, Holger (2013): Scrum & Innovation. Chefwissen. Berlin: epubli GmbH.
[4]: Hengsberger, Angela (2018): Agiles Innovationsmanagement mittels Scrum. Online unter: https://www.lead-innovation.com/blog/agiles-innovationsmanagement-mittels-scrum (27.04.2021).
Autor: Alexandro Lahmann, ehem. Mitarbeiter Projekt- und Change Management